Gedichtsammlung 2021 Q1
Geisterkopf
Ich dachte so, dass Worte sich im Kopf verrannten.
Es krachte wo, Bilder loh im Wortsturm brannten.
Bildhaft Schimmer schmolz im Blitz,
Das Wort vorm‘ Thron ergreift den Sitz.
Gewitter wartend Worte schießt,
Bis bildernd Blut in Tränen gießt.
Flaschenschöpfung
In einer Flasche eingefangen strahlen Murmeln bloß in grünbitt‘rem Licht.
Ihr Schein bleibt zart und verfroren, da Flaschenhals, verklemmt, nicht spricht.
Bloß ein Wind müsst‘ stoßen, der Falschenbauch zum Würgen brächte;
Der Murmeln Klang, ihr Farbenspiel sich hell und laut im Staub verfechte:
Ausgerollt, der Sonne Kraft sich schleicht von Glas zu Murmel,
Ein Mosaik, gebor‘n durch Augen Freud‘ in loh lichternd Kugel,
Malt ein Bild, wie Sterne waren,
Als erster Klang in Scherben kramte.
Steine im Himmel
Dies ist ein Exklusiv-Gedicht aus dem Kurzroman: „Der Unknall“ von Alexandra Svenja Meyer:
Steine in den Himmel werfen?
Sie werden wohl nicht Himmel werden,
Sie werden nicht fliegen,
Kein Wolklein wiegen;
Sie werden niemals Atem sein,
zeugn‘ kein‘ Lied, gebärn‘ kein‘ Reim
Doch im Winde summen
Am Höhepunkt
verstummen.
Und dann kehrt die Umkehr ein,
Wie ein Hieb, holt sie heim.
Wollten nur mit Wölkchen schaukeln
Doch stürzen
Und pauken.
Worauf sollten wir nur gehen,
Wenn ein Stein im Himmel lebe?
Was nur sollten wir ersehnen,
Wenn es keinen Fall mehr gäbe?
Luft darf niemals Schlösser bauen
Doch Schwarz und Braun wird niemals blauen!
Wenn Ratten im Licht erfrieren
Ein noch so kleines Fenster lüftet Sonne in Wonne statt Schein hinein,
Sollte es auch für’s scheinbarste Zimmerlein sein;
Gleißende Strahlen enttäuschen Tapeten,
Hinter denen Dämonen das Dunkel belebten;
Ihr zahlreich Krallenschaben machte’s ungeheuer,
Fegte Knistern durch Köpfe im schwarzen Feuer;
Zündete es sich am Seelengram, und
Trauer und Kälte hielten’s warm.
Die Angst vor den Nagern biss sich fest in’s Augenlicht,
Errichtete die Schwärze zu einem Käfig, der nun bricht;
Damit sich kein Kopf mehr im Schwarz begrabe,
Stürmt Sonne, die schon Schatten versargte.
Kein Finger traute sich, im Dunkel noch, dem Schein zu nahe,
Der scheinbar vom Fensterschloss zu greifen bahnte;
Denn zuvor erkannten sich Schatten mahnend
Am Beton,
Nun streicheln sie im Licht den bröckelnden Sarg,
Der ihnen eine Bühne ward.
Bloß ein feiner Windstoß brach das Fenster auf
Und mit ihm schwand der Käfig auch.
In ein Zimmerlein,
Welch ein All erschuf,
Zieht ein Stern nun ein.
Wenn Hoffnung zum Fall wird
Ein Gedanke fliegt durch Wald wie Wind,
von Freiheit getragen, in Federn erhaben.
Wenn Freiheit schwingt um Baum wie Rind‘,
der Schwung geladen, die Federn versa(r)gen.
Schleift sich der (Feder)pfeil im Fall an Ästen,
die ihm furchtbar zusetzten,
Das Geschoss, verstummt, ins Laubmeer taucht;
Blätter springen auf und an ihnen perlen rot schimmernd Tränen.
Eine Welle aus knöchernden Wurzeln sich knirschend um den Korpus schwingt,
Das Federkleid zu blättern beginnt und … (trüb) mit dem Waldozean verschwimmt.
Gedanken immer zu den Wald durchdenken, Bäume umkreisen und dabei vergessen,
in ihnen zu nisten.
Jeder Gefallene von ihnen sich nun im Morast verpflanzt und,
von vergrübelten Sprossen durchtrieben, aufbäumt;
Immer dichter verwächst der Wald und immer vorsichtiger segelt die Freiheit
auf einer Brise durch hölzerne Gassen.
Schon bald wird sie den Wald nicht mehr verlassen.
Gedanken werden das Fliegen verlernen und von Geburt an verstumpfen.